1. Juli 2016

Praktikumsbescheinigung


Gestern war in der Online-Ausgabe des Tagesspiegel zu lesen, dass Hertha BSC einen neuen Claim habe.

Der Tödliche Pass hat im Altpapier der vom Verein beauftragten Agentur gewühlt und aktuelle Tagebucheinträge der Praktikantin Jenny (20, Name von der Redaktion geändert) gefunden. Jenny war, wie es scheint, maßgeblich an der Entwicklung des neuen Claims beteiligt.
Auszüge:
Am Montag steht Scarface plötzlich wieder hinter mir. Ich hasse seine Art, sich leise von hinten anzuschleichen und mir dann die Hände auf die Schulter zu legen. Ich hätte den Schreibtisch lange umstellen müssen – aber wie, wohin? Jeder Agenturhund hat hier mehr Platz als ich. Ich hasse die Versuche von Scarface, mich Woche für Woche zum Mittagstisch an diesem Sushi-Fließband zu überreden; vermutlich will er damit kompensieren, dass er mir für das sechsmonatige Praktikum kein Geld bezahlt. Egal. Zwei Tage noch. Scarface steht also hinter mir und sagt:
„Fußball“.
Ich: „Ja?“
Scarface grinst.
„Kennst du dich mit Fußball aus?“
„Bisschen. Eigentlich nicht.“
„Perfekt.“
„Was soll ich tun?“
„Einen Claim für einen Berliner Fußballclub entwickeln.“
„Union?“
„Hertha.“
„Scheiße.“
„Ja.“
„Bis wann?“
„Gestern.“
„Gut. Haben die denn noch keinen Claim?“
„Doch: HaHoHe – Hertha BSC.“
„Scheiße.“
„Ja.“
Ich rufe Jan an, der immerhin ab und zu ins Stadion geht und neulich so traurig war, dass Reus nicht mir zur WM oder EM durfte. „Für Hertha?“, fragt er? „Ja.“ Wir lachen. Ich höre am Telefon, wie er überlegt. „We lose – and no one cares“, schlägt er vor. „Warum auf Englisch?“, frage ich. „Keine Ahnung. Für die ganzen Russen und Dänen, die in Berlin die Wohnungen wegkaufen. Sonst sag als Grund „Asien“, falls dich jemand fragt, Asien geht immer.“
Am Dienstag gehe ich mittags dann wirklich mit Scarface zum Japaner. Ich hasse den Laden mit diesen ganzen bärtigen Mitte-Spackos, die da mit ihrem Mac sitzen und zwischen zwei Stücken Sashimi an irgendeiner App basteln, doch er müsse mir "etwas Wichtiges sagen", so Scarface am Morgen. Dann rückt er raus mit der Sprache: Mein Vorschlag habe ihm sehr gut gefallen, geradezu begeistert gewesen sei er, nur minimal habe er ihn ändern müssen: „We try. We fail. We win.“
Und ob ich eine Praktikumsbescheinigung brauche.



Man weiß ja nie:
Liebe Anwälte, es handelt sich um einen satirischen Text.