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13. März 2018

Ego-Bonanza

Nach der 0:6-Niederlage beim FC Bayern: HSV-Fans stellen elf Kreuze am Zaun des Trainingsgeländes auf, entrollen ein Banner: "Eure Zeit ist abgelaufen!" Und als ob das nicht schon Drohung genug wäre: "Wir kriegen euch alle!" Die HSV-Spieler, zum Abschuss freigegeben?

Beim Spiel von West Ham United gegen FC Burnley rennt nach dem 0:1 für Burnley ein West-Ham-Fan aufs Spielfeld zum Protestappell. Nach dem 0:2 greift sich ein West-Ham-Fan die Eckfahne, rennt los und rammt sie demonstrativ in den Anstoßpunkt. Die 'Hammers'-Spieler, zum Pfählen freigegeben?

Einen Platzsturm brechen die Anhänger von OSC Lille angesichts des drohenden Abstiegs vom Zaun. Rund 200 Fans rennen aufs Spielfeld und bedrohen die Spieler verbal, werden handgreiflich. Die Lille-Spieler, zum Niederknüppeln freigegeben?

Kurz vor Ende des Spiels zwischen dem Tabellenzweiten PAOK Salonike gegen Tabellenführer AEK Athen erkennt der Schiedsrichter beim Stande von 0:0 ein Tor von Paoks Spieler Fernando Varela wegen Abseits nicht an. Saloniki Präsident Iwan Savvidis rennt mit sieben Bodyguards auf den Platz, direkt auf Schiedsrichter Georgios Kominis zu, die Hand an einer Pistole , die er an der Hüfte trägt. „Du bist als Offizieller am Ende“, soll Savvidis zu Kominis gesagt haben. Der Schiedsrichter, knapp dem Tod entronnen?

Auch wenn der griechische Innenminister kurz darauf den Ligabetrieb erst einmal untersagt hat - das, was sich als Wild-West-Bonanza dort abgespielt hat, fügt sich ein in eine Entwicklung, wie sie allgemein in kapitalistischen Konsumgesellschaften überhand nimmt: das Ich, das Ego, steht an erster Stelle, steht vor jeglicher Moral, vor jeglichen sozialen Regeln.

So meint der Fan, mit dem geldlichen Erwerb eines Tickets oder einer Dauerkarte wohl auch einen Anspruch auf Gewinnen, auf Siege erworben zu haben, den er (Frauen wo gesichtet worden dabei?) dann geltend macht und radikal einfordert, sobald nicht erfüllt. Notfalls mit Gewalt. Die Waffe des PAOK-Präsidenten ist im Ansatz der Amoklauf eines persönlich enragierten Ego-Monsters. Ich kaufe, also bin ich, also krieg ich bitteschön.

Ende Gemeinschaft, Ende Gesellschaft. Ihr anderen alle geht mir sowasvon am Arsch vorbei. ICH allein zähle. ICH allein will schneller, höher, weiter, besser, reicher, schöner ... sein.

Willkommen im Ego-Faschismus.

29. Mai 2015

So seh'n Geldsieger aus


„Quickborn, 29. Mai 2015. Für das DFB-Pokalfinale am Samstag ist der BVB klarer Favorit – solange es nach den Privatanlegern geht. Denn sie sind kurz vor dem Spiel in Kauflaune und zeigen damit dem VfL Wolfsburg die rote Karte. Das belegen die Depotauswertungen von comdirect: Über die Hälfte aller BVB-Trades (51 Prozent) in der vergangenen Woche waren Käufe, ein Vertrauensbeweis für die Dortmunder Elf. In der Woche zuvor machten die Käufe sogar 74 Prozent der Transaktionen aus. Die nicht repräsentative Auswertung zeigt, dass die Privatanleger bei comdirect auf einen Sieg des einzigen börsennotierten deutschen Fußballvereins setzen.“

Soweit die Pressemitteilung der Bank. Abgesehen davon, dass 51 Prozent nicht unbedingt eine überwältigende Mehrheit ist, abgesehen davon, dass es schon wundert, wenn die Bank die Depots ihrer Privatkunden „auswertet“ – die Absurdität von sog. Kauflaunen hat, wie man auch als Spekulations-Laie inzwischen weiß, schon den einen oder anderen Betrieb ins Verderben gerissen. Aber so seh’n halt Sieger aus, schalalalala, wenn süßer die Kassen nicht klingeln…

Angesichts solcher „Fußball“-Meldungen kann man eigentlich nur noch kotzen. Und anstelle von Quickborn steigt einem ein Suddendeath vor Augen.

29. Juni 2013

Shopping statt Bildung

Nein, das eine soll das andere nicht ersetzen, so weit ist es noch nicht gekommen. Aber dass es eindeutige Prioritäten gibt auf unseren westlichen Kapital-Märkten, machen nicht nur die USA mit ihrem mehr und mehr herunterkommenden Bildungssystem deutlich, sondern auch Brasilien.

Es mag einem unbedeutend vorkommen, dass jetzt eine Volksschule, die direkt ans Maracana-Stadion grenzt, abgerissen werden soll - schließlich werde sie anderswo einen Neubau erhalten, so die Politiker in Rio. Aber: dass das Ganze unnötig ist, vielmehr dem Profit weniger dient, wird klar, wenn man hört, was anstelle des Schulgebäudes errichtet werden soll: Parkplätze (sicherlich nicht kostenfrei benutzbar) und ein Shopping-Center.

Es mag einem auch überzogen vorkommen, daraus ein Muster abzuleiten: dergestalt, dass ein weiterer Sieg für den Konsumismus zu konstatieren ist, ein Sieg für das Haben über das Sein. Aber dieser Kampf begann vor Jahrzehnten, als aus der kapitalistischen Weisheit "Nachfrage erzeugt Angebot" das konsumkapitalistische Credo wurde "Angebote erzeugen Nachfragen". And the battle rages on.

Man könnte angesichts der auch auf dieser Gesellschaftsebene aufscheinenden Reich-vs.-Arm-Kluft eine alte Song-und-George-Bush-Zeile variieren: When the going gets tough, the rich go shopping. Der FIFA ist dies nur allzu recht: je mehr Shopping, desto mehr Moneten. Und um Bildung ist es ihr ja noch nie gegangen.