Sommerpause, Sommerloch - da kann man sich mal in einem netten Hotel treffen, verwöhnen lassen und über neue Regeln nachdenken.
Soeben geschehen: das International Football Association Board (IFAB) hat ein Strategiepapier zusammengeschrieben, mit einigen revolutionär anmutenden Vorschlägen.
Unter anderem: Einführung der Nettospielzeit (siehe Basketball, Handball, ...) mit jeweils 30 Minuten je Spielhälfte.
Im Durchschnitt - das hat der kicker errechnen lassen - beträgt die Zeit, in der der Ball im Spiel ist, in der Bundesliga 56 Minuten und fünf Sekunden. Mit 60 Minuten läge man damit um vielleicht entscheidende 3'55'' drüber.
ABER: Wie bei so vielen FIFA-affinen Vorschlägen für das heutige "Entertainment- und Wirtschaftssegment Fußball" muss man sich fragen, wem das nutzen soll oder könnte.
Mal abgesehen davon, dass bei exakter Nettozeitmessung neue Probleme auftreten werden (z.B. muss der Schiedsrichter sekundengenau abpfeifen, unter Umständen, wenn der Ball sich noch auf der Torlinie, aber bereits auf dem Weg ins Tor befindet?); letztlich würde diese Einführung wie damals die zwangsweise der IMHO völlig überflüssigen elektronischen Anzeige-Handtafeln bei Auswechslungen, die immer so theatralisch von der Seitenlinie ins "weite Rund" geschwenkt werden, nur wieder einen bestimmten Industriezweig pampern.
Mein Sommer-Anlage-Tipp: jetzt schon in Aktien von Hublot investieren!
22. Juni 2017
30. Mai 2017
Den Fußball nicht den Arschlöchern überlassen
Nachdem heute im Relegationsrückspiel zwischen 1860 München und Jahn Regensburg schockierend zu bester Sendezeit gezeigt wurde, wie ein Verein sich selbst zerlegt - von innen durch eine größenwahnsinnige und wirklichkeitsfremde Investorenbande, von außen durch Fanatikermeuten mit einem IQ unter 10 - , nachdem live zu sehen war, wie ein Fußballspiel von völlig entgrenzten Idioten für Totalaggro missbraucht wird, die in Mord- und Totschlagversuchen blindlings gegen Freund und Feind sich entlädt; nachdem sich damit auch der Mythos vom wahren, guten und schönen Gegenentwurf zum FC Bayern erledigt hat, kann man nur noch bitten:
Überlasst den Fußball nicht den Arschlöchern!
Das gilt im übrigen für die Welt auch.
Überlasst den Fußball nicht den Arschlöchern!
Das gilt im übrigen für die Welt auch.
18. Mai 2017
All you need is - ?
Love. Ganz klar. Was sonst. Und nicht nur wegen der Beatles.
Wegen Weltgeist, Friede auf Erden, Gemeinschaft. Ergänzen Sie selbst.
All you
need today is – eine Internet-Plattform. Nicht nur für die Liebe. Sondern
für alles drumherum, auch untenrum, und drüberhinaus.
Wie mach‘ ich den Leuten klar, dass sie das brauchen? Ganz
klar: über den Fußball. Den Profitfußball. Und da sponsern gestern war, muss
Sponsoring 2.0 her.
Allyouneed.com geht da voraus. Zusammen mit Schalke 04. Es
hätte auch der BVB oder der FC Bayern sein können. Beliebig. Belanglos. Der
Online-Händler wird künftig Ärmelsponsor der Königsblauen. Wie bitte – Ärmelsponsor? Haben wir uns nicht
vor langer Zeit darüber lustig gemacht, dass irgendwann auch der Arsch der
Profis werbal bepflastert würde? Etwa mit einem Hirschgeweih von Jägermeister?
Wir sind nur noch eine Armlänge davon entfernt.
Ja, ab der kommenden Spielzeit dürfen die Bundesliga-Vereine
erstmals mit einem individuellen Partner auf dem Trikotärmel auflaufen. Auf den
Schalke-Gazprom-Trikots wird also vier Jahre lang das Logo von AllyouneedFresh
zu sehen sein. Das ließe ja noch hinterfotzige Anspielungen je nach
Matchergebnis zu.
Aber – remember 2.0? Im Ärmellogo integriert ist ein Chip
mit Bezahlfunktion! Die Fans können also künftig mit ihrem Trikot ihr Veltins
in der Arena zahlen. Und eben nicht nur ihr Bier.
All you
need is capitalism.
Nach eigenen Angaben – wir zitieren – bietet der preisgekrönte
Online-Marktplatz mehr als 15 Millionen Produktangebote von über 3.000
Händlern. Und angeblich was „das Herz begehrt: Von Unterhaltungselektronik,
Fashion, über Möbel, Baumarkt und Haushaltselektronik bis hin zu Spielzeug,
Sport- und Outdoorbedarf.“ Der Online-Marktplatz „für die ganze Familie“ zählt (und
wir sind uns sicher, dass er das akribisch tut) bereits über 5 Millionen „zufriedene“
Kunden.
In welche Richtung das geht – Stichwort: autonomes Einkaufen,
aber nicht durch uns! – zeigt der sogenannte intelligente Mülleimer: der scannt auf Wunsch Produktverpackungen, die
gerade weggeworfen wurden, und legt sie direkt „auf die Einkaufsliste“. Wahlweise in den Warenkorb. Kann man nur
hoffen, dass der Wunsch auch Befehl sei; bzw. bleibt die Frage: Darf ich eine
nachbestellte Salatgurke auch wieder zurückgeben?
Falls nicht, könnte ich immerhin damit die entsprechende
Truppe füttern. Oder sie eintauschen gegen die Tomaten auf den Augen.
Genug der Wortspiele. Lasst uns Vermutungen sehen.
Denn die anderen Erstliga-Unternehmen werden sich nicht
lumpen lassen. Der FC Bayern und der BVB werden sofort nachziehen mit Ärmelsponsoren
aus dem Investment-Bereich: jeder Fan kann mit dem integrierten Chip aus dem
Stadion heraus Aktien erwerben (nicht: abstoßen, das geht nur über einen
komplizierten Protokollformularchip am heimischen PC) oder auf Spielereignisse
wetten (1% des Erlöses geht an Uli Hoeneß).
Der Leipzig-Fan vermag über den Chip im – natürlich – Red-Bull-Ärmellogo
einzelne Gebinde oder auch ganze Paletten von – natürlich – Red-Bull-Energy-Drinks
ordern und sich portofrei nach Hause liefern lassen.
Die Möglichkeiten sind unbegrenzt: einen Volkswagen per
Ärmellogochip leasen; die Hausapotheke aus dem breiten Sortiment der Firma
Bayer konstant auffüllen lassen; dabei
muss es ja nicht nur um den eigenen Saft gehen, in dem man den Fan köcheln
lässt.
Für die Hertha böte sich an: der Shopping-Bereich des neuen
Berliner Flughafens. Gut, perfide. Selbst der Kapitalismus sollte bemüht sein,
Versprechen einzulösen.
Wir wollen uns an dieser Stelle nicht ausmalen, welche bedeutungsvollen und beziehungsreichen mit
Chip-Funktion versehenen Po-Logos demnächst kreiert werden Auf diese Ebene begeben wir uns nicht.
All WE need is - ? A miracle. Ganz klar. Was sonst. Drunter
geht’s nicht mehr. Leider.
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